Mehr verdienen im Minijob: Regeln für schwankenden Verdienst
Ein Minijob bietet Flexibilität – auch beim Verdienst. Doch was passiert, wenn der monatliche Verdienst schwankt? Viele wissen nicht, dass die monatliche Verdienstgrenze unter bestimmten Voraussetzungen überschritten werden darf. In diesem Artikel erklären wir, was Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber beachten müssen, wenn der Verdienst eines Minijobbers unterschiedlich hoch ist.
Was bedeutet schwankender Verdienst?
Nicht jeder Minijob verläuft jeden Monat gleich. Viele Beschäftigte arbeiten mal mehr oder mal weniger Stunden. Das kann verschiedene Gründe haben: kurzfristige Vertretungen, Auftragsschwankungen, saisonale Belastungen oder flexible Einsatzzeiten nach Absprache. In solchen Fällen schwankt auch der monatliche Verdienst.
Wenn das Einkommen also nicht immer gleich hoch ist, spricht man von einem schwankenden Verdienst. Solche Schwankungen sind grundsätzlich möglich – solange bestimmte Regeln eingehalten werden.
Wie viel dürfen Minijobber verdienen?
Der monatliche Verdienst in einem Minijob darf im Durchschnitt 556 Euro nicht überschreiten. Entscheidend ist dabei nicht jeder einzelne Monat, sondern der Durchschnitt über ein ganzes Jahr. Das bedeutet: Auch wenn in einzelnen Monaten mehr verdient wird, liegt ein Minijob vor – solange die Jahresverdienstgrenze eingehalten wird.
Für das Jahr 2025 beträgt die Jahresverdienstgrenze 6.672 Euro (12 Monate x 556 Euro). Im Jahr 2026 steigen der gesetzliche Mindestlohn und die Minijob-Verdienstgrenze. Minijobberinnen und Minijobber dürfen dann 603 Euro im Monat bzw. 7.236 Euro im Jahr verdienen.
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Wie lässt sich ein schwankender Verdienst gut planen?
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber schätzen zu Beginn der Beschäftigung den voraussichtlichen Verdienst für die nächsten 12 Monate. Diese Prognose hilft, Überschreitungen der Verdienstgrenze beim Minijob zu vermeiden.
Ist die Beschäftigung auf weniger als 12 Monate befristet, ist die Anzahl der Beschäftigungsmonate entscheidend. Die Schritte für die Berechnung sind einfach:
- Voraussichtlichen Verdienst der einzelnen Monate schätzen (max. 12 Monate).
- Alle Monatsverdienste addieren.
- Durch 12 Monate (oder die tatsächlichen Beschäftigungsmonate) teilen.
Liegt das Ergebnis bei maximal 556 Euro, handelt es sich um einen Minijob.
Wichtig: Ändern sich Arbeitsumfang oder Verdienst dauerhaft müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Prognose neu erstellen. Spätestens nach Ablauf eines Zeitjahres müssen sie die Beschäftigung neu beurteilen.
Beispiel:
Eine Aushilfe verdient in einem Eiscafé in den Monaten April bis September 700 Euro monatlich. Von Oktober bis Dezember erhält sie 250 Euro im Monat.
Berechnung:
6 x 700 Euro = 4.200 Euro
3 x 250 Euro = 750 Euro
Gesamtverdienst = 4.950 Euro
Ein Neuntel dieses Betrages beläuft sich auf 550 Euro (4.950 Euro : 9 Monate).
Ergebnis: Der durchschnittliche monatliche Verdienst liegt unter der monatlichen Verdienstgrenze von 556 Euro. Damit handelt es sich um einen Minijob.
Aufgepasst: Regelmäßig wiederkehrende und vertraglich zugesicherte Einmalzahlungen (zum Beispiel Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld) müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bei ihrer Prognose des Verdienstes berücksichtigen.
Erhebliche Schwankungen: Wann liegt kein Minijob vor?
Arbeiten Minijobberinnen und Minijobber nur für wenige Monate mit hohem Verdienst und reduziert dieser sich danach stark, liegt eine erhebliche Schwankung vor. Diese Schwankungen verändern den Charakter der Beschäftigung. Es handelt sich dann nicht mehr durchgehend um dieselbe Beschäftigung. Die Tätigkeit wird deshalb nicht einheitlich beurteilt, auch wenn der Jahresverdienst die Minijob-Grenze nicht übersteigt.
Beispiel:
Eine Aushilfe verdient in einem Sonnenstudio in den Monaten April bis September 50 Euro monatlich. In den Monaten Oktober bis März erhält sie 1.000 Euro im Monat.
Berechnung:
6 x 1.000 Euro = 6.000 Euro
6 x 50 Euro = 300 Euro
Gesamtverdienst = 6.300 Euro
Ein Zwölftel dieses Betrages beläuft sich auf 525 Euro (6.300 Euro : 12 Monate).
Ergebnis: Der durchschnittliche monatliche Verdienst liegt unter der Verdienstgrenze von 556 Euro. Dennoch liegt nur für die Zeit von April bis September ein Minijob vor. In den Monaten Oktober bis März handelt es sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.
Was sind nicht planbare Schwankungen?
Nicht alle Schwankungen im Verdienst sind vorhersehbar und planbar. Zum Beispiel durch Krankheitsvertretung kann es vorkommen, dass der Verdienst die jährliche Verdienstgrenze von 6.672 Euro überschreitet. Diese Überschreitungen sind unter den folgenden Voraussetzungen möglich:
- Das Überschreiten muss unvorhersehbar sein.
- Es kommt nur gelegentlich vor (maximal zwei Mal in 12 Monaten).
- Der Verdienst darf nicht mehr als das Doppelte der monatlichen Verdienstgrenze betragen (max. 1.112 € im Monat).
Beispiel:
Ein Verkäufer hat seit dem 1. April einen Minijob. Er verdient regelmäßig im Monat 510 Euro. Durch eine einmalige Krankheitsvertretung beträgt sein Verdienst im Monat September 1.100 Euro.
Ergebnis: Es besteht weiterhin ein Minijob. Der Verdienst überschreitet zwar die Jahresverdienstgrenze. Jedoch liegt ein unvorhersehbares und einmaliges Überschreiten mit einem monatlichen Verdienst bis 1.112 Euro vor. Damit sind alle Voraussetzungen erfüllt.
Fazit: Schwankender Verdienst im Minijob
- Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen den regelmäßigen Verdienst vorausschauend schätzen.
- Saisonale Unterschiede sind normal und können berücksichtigt werden.
- Erhebliche oder dauerhafte Abweichungen führen zur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.
- Unvorhersehbare Überschreitungen sind nur in Ausnahmefällen erlaubt.
- Wird die Jahresverdienstgrenze eingehalten, ist ein mehrmaliges Überschreiten der monatlichen Verdienstgrenze in der Regel möglich.
- Wird die Jahresverdienstgrenze überschritten, darf dies nur in zwei Monaten innerhalb eines Zeitjahres unvorhersehbar erfolgen.
Weitere Informationen
Auf der Internetseite der Minijob-Zentrale
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Unternehmerische Pkw-Nutzung im Fokus: Umsatzsteuerfallen bei GmbH und Personengesellschaften
Gefahr der ungewollten Regelbesteuerung und fehlerhafte Behandlung von Nutzungsentnahmen
Die [i]private Nutzung betrieblicher Pkw zählt zwar zu den alltäglichen, aber auch besonders fehleranfälligen Themen im Umsatzsteuerrecht. Der nachfolgende Beitrag beleuchtet praxisnah zwei Fallkonstellationen, die für Unternehmen erhebliche steuerliche Risiken bergen.
I. Umsatzsteuerliche Grundsystematik der Pkw-Nutzung
[i]Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG kann ein Pkw dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden, wenn dessen unternehmerische Nutzung mindestens 10 % beträgt.
[i]Der Unternehmer kann bei Zugang des Pkw entscheiden, ob er ihn vollständig dem unternehmerischen Bereich oder der außerunternehmerischen Sphäre zuordnet. Auch eine teilweise Zuordnung zum Unternehmensvermögen im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung ist grundsätzlich möglich (vgl. , BStBl 2014 II S. 76; und V R 21/10, BStBl 2014 II S. 81). Die Zuordnungsentscheidung S. 3217wird durch den Vorsteuerabzug in der entsprechenden Höhe und ggf. durch ergänzende Angaben in der Buchführung des Steuerpflichtigen getroffen.
Bei [i]Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Verwendung des Pkw stehen, wird es nach Abschn. 15.2c Abs. 2 UStAE von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn der volle Vorsteuerabzug geltend gemacht wird, solange diese Aufwendungen im Gegenzug in die Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe eingehen.
[i]Die unentgeltliche außerunternehmerische Nutzung des Pkw resultiert umsatzsteuerlich in einer unentgeltlichen Wertabgabe i. S. von § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG, sofern der Pkw durch Geltendmachung des Vorsteuerabzugs dem Unternehmensvermögen zugeordnet wurde. (Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage s. unter III.)
II. Besonderheiten der Pkw-Nutzung bei Körperschaften
[i]Ertragsteuerlich verfügen Körperschaften (in der Regel GmbH) über keine Privatsphäre. Das Rechtskonstitut der (Privat-)Entnahme ist deshalb bei GmbHs nicht anwendbar. Leistungen der GmbH, die der Privatsphäre ihrer Anteilseigner dienen und keine offene Gewinnausschüttung darstellen, werden als verdeckte Gewinnausschüttungen i. S. von R 8.5 Abs. 1 KStR außerbilanziell gewinnerhöhend hinzugerechnet und auf Ebene des Anteilseigners als Ausschüttung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 EStG versteuert.
GmbH und Anteilseigner sind zivilrechtlich zwei voneinander unabhängige Personen. Dies gilt auch für das Umsatzsteuerrecht. Grundsätzlich kann ein Unternehmer umsatzsteuerlich zwar mehrere Betriebe, aber stets nur ein Unternehmen haben. Die GmbH und ihr Anteilseigner können jedoch beide Unternehmer i. S. des § 2 Abs. 1 UStG sein.
[i]Stellt die GmbH ihrem Anteilseigner für dessen Dienste im Sinne der Gesellschaft einen Pkw zur Verfügung, den dieser auch zu privaten Zwecken nutzen darf, liegt keine unentgeltliche Wertabgabe vor. Der Wortlaut des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG fordert eine Verwendung des Pkw durch den Unternehmer für außerunternehmerische Zwecke. Eine solche Verwendung ist der GmbH als eigenständige juristische Person jedoch gar nicht möglich.
[i]Die Gestellung eines Pkw durch die GmbH an den Geschäftsführer ist eine sonstige (Vermietungs-)Leistung (§ 3 Abs. 9 Satz 1 und 2 UStG). Der Ort dieser sonstigen Leistung bestimmt sich gem. § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 UStG bzw. sofern der Gesellschafter-Geschäftsführer selbst Unternehmer ist, nach § 3a Abs. 2 UStG. Er liegt also am Wohnsitz des Gesellschafter-Geschäftsführers bzw. an dessen Unternehmenssitz und damit in der Regel im Inland.
[i]Der Anteilseigner erbringt für die GmbH eine Geschäftsführungsleistung. Die Gestellung des Pkw durch die Gesellschaft an den Anteilseigner stellt einen tauschähnlichen Umsatz i. S. von § 3 Abs. 12 UStG dar. Das Entgelt für die Gestellung des Pkw an den Gesellschafter-Geschäftsführer ist die Geschäftsführerleistung, die der Gesellschafter für die GmbH erbringt (vgl. Abschn. 1.1 Abs. 12 und Abschn. 1.6 Abs. 3 UStAE). S. 3218
[i]Da die Pkw-Gestellung entgeltlich im Inland erfolgt, liegt ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbarer Umsatz vor. Für die langfristige Vermietung von Pkw ist keine Steuerbefreiungsvorschrift einschlägig, so dass die Pkw-Gestellung nicht nur steuerbar, sondern auch steuerpflichtig ist.
[i]Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich bei tauschähnlichen Umsätzen gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 i. V. mit Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG und bemisst sich grundsätzlich nach dem Wert der hingegebenen Leistung. Als Wert der Pkw-Gestellung kann aus Vereinfachungsgründen nach Abschn. 15.23 Abs. 11 UStAE von den lohnsteuerrechtlichen Werten ausgegangen werden, jedoch ohne Kürzung bei Hybrid- und Elektrofahrzeugen. Aus dem lohnsteuerrechtlich ermittelten (Brutto-)Wert ist die Umsatzsteuer [i] herauszurechnen, wobei hier kein Abschlag in Höhe von 20 % für nicht mit Vorsteuern belastete Kosten vorzunehmen ist.
Zunehmend wird nicht nur dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein Pkw durch die Gesellschaft zur Verfügung gestellt, sondern auch ggf. weiteren Geschäftsführern oder Angestellten. In diesen Fällen ist es insbesondere bei Gesellschaften, die im Übrigen steuerfreie Ausgangsleistungen erbringen, unerlässlich, die Bemessungsgrundlagen im Blick zu behalten.
Gerade bei GmbH, die regulär steuerfreie Ausgangsumsätze erbringen, birgt die Gestellung von Pkw an Arbeitnehmer der GmbH ein umsatzsteuerliches Risiko.
[i]Eine GmbH, die üblicherweise steuerfreie Ausgangsleistungen erbringt, wird in der Regel als Kleinunternehmerin geführt, da ihr gem. § 15 Abs. 2 UStG der Vorsteuerabzug verwehrt bleibt. Ihr Gesamtumsatz i. S. von § 19 Abs. 2 UStG liegt in den meisten Fällen unterhalb der Grenze von 25.000 €, so dass ein Antrag auf Regelbesteuerung nicht zielführend ist.
[i]Stellt eine solche GmbH ihren Arbeitnehmern nun jedoch Pkw zur Verfügung und überschreitet die Bemessungsgrundlage aus der Pkw-Gestellung die Grenze von 100.000 € im laufenden Jahr und 25.000 € im Vorjahr, wird aus der GmbH eine regelbesteuernde GmbH. In diesen Fällen ist die Umsatzsteuer auf die steuerpflichtige Pkw-Gestellung an das Finanzamt abzuführen. Im Gegenzug kann jedoch auch Vorsteuer für Leistungen geltend gemacht werden, die mit der Pkw-Gestellung in Zusammenhang stehen. Hierzu muss die Regelbesteuerung jedoch erkannt und die Aufzeichnung der vorsteuerbehafteten Eingangsumsätze muss sichergestellt werden.
[i]Die Umsatzsteuer auf die Pkw-Gestellung wird nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG als Teilleistung im jeweiligen Voranmeldungszeitraum fällig. Eine erstmalige Berücksichtigung im Rahmen der Jahresveranlagung erfolgt somit rechtswidrig zu spät.
Das Risiko für den Mandanten ist besonders hoch, wenn dem Berater der Übergang zur Regelbesteuerung nicht auffällt und das Finanzamt diesen im Rahmen der [i]Jahresveranlagung aufdeckt. Die Umsatzsteuerjahreserklärung wird in der Regel nach § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt. Deckt der Amtsprüfer nun auf, dass Umsatzsteuer auf steuerpflichtige Pkw-Gestellung abzuführen ist, sind deshalb meist auch die noch nicht festsetzungsverjährten Altjahre betroffen. Zusätzlich fallen dann in den noch nicht verjährten Jahren Zinsen nach § 233a AO an. Für den Berater ist es dann nur mit hohem manuellem Aufwand darstellbar, die steuerliche Auswirkung dieser Feststellung durch Geltendmachung der Vorsteuern aus den konkret auf die Pkw-Gestellung entfallenden Eingangsleistungen im Nachhinein zu reduzieren.
Deshalb ist es für Berater von Gesellschaften mit überwiegend nicht privilegiert steuerfreien Ausgangsleistungen unerlässlich, dieses Risiko für den Mandanten im Blick zu behalten, rechtzeitig die Umsatzsteuer abzuführen und Vorsteuerbeträge in Abzug zu bringen. Andernfalls drohen hohe ungeplante Mehrergebnisse samt Zinsen, die sich nur mit großem manuellem Aufwand und in begrenztem Umfang (s. unten) über die Geltendmachung der konkret zuordenbaren Vorsteuer abmildern lassen.S. 3219
Zwar hat der Pflegedienst keinerlei Schwierigkeiten damit, Patienten zu akquirieren, doch es fällt den Geschäftsführern zunehmend schwer, geeignetes Personal zu finden.
Die Geschäftsführer haben seit dem Jahr 2021 jeweils lt. fremdüblichen Geschäftsführer-Anstellungsverträgen das Recht, einen Firmenwagen auch privat nutzen zu dürfen. Die beiden Pkw haben je einen Bruttolistenpreis von 80.000 €. Fahrtenbücher werden nicht geführt.
Im Oktober 2022 haben die Geschäftsführer fünf neue Pflegerinnen angestellt, um auch den neuen Patienten gerecht zu werden. Hierbei waren sie erfolgreich, weil sie jeder Pflegerin arbeitsvertraglich das Recht eingeräumt haben, den von der GmbH bereitgestellten Pkw auch privat nutzen zu dürfen. Der Bruttolistenpreis dieser Pkw beträgt jeweils 20.000 €.
Umsätze [i]2022:
1.800.000 € aus Pflegedienstleistungen (steuerfrei gem. § 4 Nr. 16 UStG)
2 x 80.000 € x 1 % x 12 Monate = 19.200 € aus der Pkw-Gestellung an die Geschäftsführer
5 x 20.000 € x 1 % x 3 Monate = 3.000 € aus der Pkw-Gestellung an die neuen Pflegerinnen
Der Gesamtumsatz i. S. von § 19 Abs. 3 UStG a. F. beträgt im Jahr 2022 somit 22.200 €. Da im Vorjahr nur den Geschäftsführern Pkw zur Privatnutzung zur Verfügung gestellt wurden, betrug der Umsatz in 2021 19.200 €. Im Jahr 2022 ist die GmbH deshalb Kleinunternehmerin i. S. von § 19 Abs. 1 UStG a. F. Die für die Pkw-Gestellung entstandene Umsatzsteuer wird deshalb nicht erhoben (zur Neuregelung der Kleinunternehmerregelung ab s. Nürnberg, ).
Umsätze [i]2023:
2.200.000 € aus Pflegedienstleistungen (steuerfrei nach § 4 Nr. 16 UStG)
5 x 20.000 € x 1 % x 12 Monate = 12.000 € aus der Pkw-Gestellung an die neuen Pflegerinnen
Der Gesamtumsatz i. S. von § 19 Abs. 3 UStG a. F. beträgt im Jahr 2023 somit 31.200 €.
Die Kleinunternehmerregelung ist deshalb im Jahr 2023 erstmals nicht mehr anwendbar. Die Umsätze aus der Pkw-Gestellung an die Geschäftsführer und Pflegerinnen sind steuerbar und steuerpflichtig. Die Umsatzsteuer beträgt im Jahr 2023 somit 31.200 € x 19 % = 5.928 € und ist im jeweiligen Voranmeldungszeitraum als Teilleistung entstanden.
[i]Da die Pkw-Gestellung eine steuerpflichtige Ausgangsleistung ist, ist die Vorsteuer auf die Eingangsleistungen (Leasingrate, Reparaturen, Service) abziehbar und abzugsfähig nach § 15 UStG. Dies gilt jedoch nur, insoweit die Leistungen auf die S. 3220Pkw-Gestellung entfallen. Da die Pkw jedoch überwiegend für die steuerfreien Pflegeleistungen genutzt wurden, ist die Vorsteuer insoweit zwar gem. § 15 Abs. 1 UStG abziehbar, jedoch nach § 15 Abs. 2 UStG nicht abzugsfähig.
Es muss daher in der Praxis ein Aufteilungsmaßstab gefunden werden. Nachrangig kann hier gem. § 15 Abs. 4 UStG im Verhältnis der Umsätze aufgeteilt werden.
[i]Im Jahr 2023 beträgt der Anteil der steuerpflichtigen zu den steuerfreien Umsätzen 1,4 % (31.200 € : [31.200 € + 2.200.000 €]). Bei einer Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel wären somit nur 1,4 % der Vorsteuern, die konkret auf Leistungen entfallen, die den Pkw zuzuordnen sind, abzugsfähig.
In Ermangelung eines Fahrtenbuchs wird sich eine Aufteilung nach Kilometern in der Praxis schwierig gestalten.
III. Private Pkw-Nutzung bei Personengesellschaften: Entscheidend ist die Buchung
[i]Personengesellschaften ist es durch die ihnen zugesprochene Rechtsfähigkeit (§ 161 Abs. 2, § 105 Abs. 2 HGB und § 705 BGB) ebenfalls möglich, als Gesellschaft sowohl zivilrechtlich als auch wirtschaftlich Eigentümer eines oder mehrerer Pkw zu werden und diese in ihrem Betriebsvermögen steuerlich zu erfassen. Nicht unüblich ist es hierbei, dass die Gesellschafter diese Pkw ebenfalls abseits der operativen Tätigkeit gelegentlich auch für steuerlich dem Privatbereich zuzurechnende Fahrten nutzen. Die ertrag- und umsatzsteuerliche Würdigung dieser Vorgänge ist in Fachkreisen bekannt. Umso erstaunlicher ist es, dass aufgrund bestimmter kaufmännischer bzw. handelsrechtlicher Buchungsmethoden die steuerliche Einordnung zwischen den einzelnen Steuerarten erheblich abweichen kann, was bei Nichtbeachtung in der Praxis häufig zu unerwarteten Nachzahlungen führt. Wie sich dies ausdrückt, wird in Fallbeispiel 2 im Folgenden näher betrachtet.
Ermittlung des Entnahmewerts: 70.000 € x 1 % x 12 Monate = 8.400 €
Umsatzsteuerlich [i] ist die Nutzung für private (alternativ: nichtunternehmerische) Zwecke grundsätzlich als unentgeltliche Wertabgabe i. S. von § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG zu beurteilen. Aufgrund eines in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs und der Belegenheit im Inland (§ 3a Abs. 1 und § 1 Abs. 2 Satz 1 UStG) besteht eine Umsatzsteuerbarkeit (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) und Umsatzsteuerpflicht. Die Bemessungsgrundlage ist gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG zu ermitteln. Hierbei sind alle mit dem Pkw in Verbindung stehenden vorsteuerbehafteten Kosten zu berücksichtigen. Für Zwecke der Vereinfachung ist in Anknüpfung an die ertragsteuerlichen Regelungen ebenfalls die 1 %-Methode anwendbar. Pauschal wird vom oben ermittelten [i]Wert ein Abschlag von 20 % für nicht mit Vorsteuern behaftete Kosten getätigt (Abschn. 15.23 Abs. 5 Satz 4 Nr. 1 Buchst. a UStAE).
Ermittlung der Bemessungsgrundlage: 8.400 € x 80 % = 6.720 €
Ermittlung der Umsatzsteuer: 6.720 € x 19 % = 1.276,80 €
Im [i]Anschluss an die rechtliche Würdigung dieses Sachverhalts stellt sich in der Praxis zu guter Letzt die Frage, wie dieser Geschäftsvorfall buchhalterisch zu dokumentieren ist.
Bei einem Zweikontenmodell wird neben dem Festkapitalkonto (sog. Kapitalkonto I) ein variables Kapitalkonto (sog. Kapitalkonto II oder„Verrechnungskonto“) geführt. Auf diesem werden für den einzelnen Gesellschafter (hier A) neben den Gewinnen und Verlusten auch Entnahmen und Einlagen erfasst. Da es sich um eine Entnahme handelt, wird die buchhalterische Abwicklung dieses Geschäftsvorfalls auf Ebene der Gesellschaft in der Praxis oft in Form des folgenden Buchungssatzes ausgedrückt:
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Kapitalkonto II (A)
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9.676,80 €
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an
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Verwendung von Gegenständen für Zwecke außerhalb des Unternehmens (19 %)
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6.720,00 €
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Verwendung von Gegenständen für Zwecke außerhalb des Unternehmens (ohne USt)
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1.680,00 €
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Umsatzsteuer
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1.276,80 €
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Auf [i]den ersten Blick scheint die Dokumentation steuerrechtskonform vollzogen. Ertragsteuerlich mag dies auch so sein. Aus ertragsteuerlicher Perspektive ist die ausschließliche Belastung des variablen Kapitalkontos von unentgeltlicher Natur und damit eindeutig eine Nutzungsentnahme. Jedoch gilt dies nicht für die Umsatzsteuer. Die Belastung des Kapitalkontos II ist umsatzsteuerlich als Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustauschs zu verstehen, weshalb keine unentgeltliche Wertabgabe vorliegt. Nunmehr besteht eine entgeltliche sonstige Leistung (§ 3 Abs. 9 Satz 1 und 2 UStG) in Form einer Pkw-Vermietung der AB-OHG an ihren Gesellschafter A. Der Ort befindet sich gem. § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b i. V. mit Satz 3 UStG im Inland, weshalb diese Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und mangels einer Befreiung nach § 4 UStG auch steuerpflichtig ist. Bemessungsgrundlage ist gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG das von A an die AB-OHG für die Privatnutzung entrichtete Entgelt, was durch die Belastung seines variablen Kapitalkontos in Höhe von 9.676,80 € dargestellt ist. Dabei handelt es sich um einen Bruttobetrag. Die Umsatzsteuer ist hier noch herauszurechnen (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). S. 3222
Berechnung der Umsatzsteuer: 9.676,80 € x 19/119 = 1.545,03 €
Differenz gegenüber der vorher erfassten Umsatzsteuer: 1.545,03 € ./. 1.276,80 € = 268,23 €
Der Buchungssatz wäre wie folgt zu korrigieren:
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Verwendung von Gegenständen für Zwecke außerhalb des Unternehmens (ohne USt)
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1.680 €
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an
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Verwendung von Gegenständen für Zwecke außerhalb des Unternehmens (19 %)
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1.411,77 €
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Umsatzsteuer
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268,23 €
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Innerbilanziell hätte diese Korrektur eine ertragsteuerliche Auswirkung auf den Gewinn von ./. 268,23 €. Jedoch greift weiterhin der Tatbestand der Entnahme, weshalb die hieraus ermittelte zusätzliche Umsatzsteuer nebst dem vorher erfassten Betrag ebenfalls gem. § 12 Nr. 3 EStG den Gewinn nicht mindern darf. Abgebildet wird dies durch eine außerbilanzielle Korrektur in Höhe der zusätzlichen Umsatzsteuer. Insgesamt bleibt als Ergebnis eine Mehrsteuerbelastung von 268,23 €, ohne eine Änderung des ertragsteuerlichen Gewinns.
Sollte neben A auch Gesellschafter B einen weiteren dem Gesellschaftsvermögen zugehörigen Pkw ebenfalls für private Fahrten nutzen, verdoppelt sich bei identischem Bruttolistenpreis die Mehrbelastung bereits. Bemerkenswert ist hierbei, dass diese Mehrbelastung abseits der steuerlichen Beratung in der reinen Buchführung entstanden ist.
Noch [i]gravierender würde sich eine plötzliche Mehrsteuerbelastung bei Gesellschaften bemerkbar machen, welche dem Grunde nach nur umsatzsteuerfreie und den Vorsteuerabzug ausschließende (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG) Ausgangsleistungen erbringen, z. B. eine Ärzte-GbR. Eine derartige Gesellschaft bietet grundsätzlich wenig Prüfungstiefe in der Umsatzsteuer. Aufgrund der für medizinische Leistungen geltenden Umsatzsteuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG und des damit einhergehenden Vorsteuerausschlusses ist diese umsatzsteuerlich oft ohne weitere Beanstandung schnell abgehandelt.
Mangels Vorsteuerabzugsberechtigung als zwingendes Tatbestandsmerkmal für eine unentgeltliche Wertabgabe (vgl. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG) kommt man schnell zu dem Ergebnis, die Privatnutzung eines Pkw nicht als umsatzsteuerbare unentgeltliche Wertabgabe zu behandeln, weshalb auch folglich eine Verbuchung von Umsatzsteuer komplett unterbleibt.
Durch die oben gewonnenen Erkenntnisse jedoch treten Ärzte-GbR schnell bei ähnlichen Buchungen in eine buchstäbliche „Nachzahlungsfalle“. Aufgrund der nun bestehenden Entgeltlichkeit ist ein zuvor ausgebliebener Vorsteuerabzug für die Beurteilung der Umsatzsteuerbarkeit komplett unbeachtlich.
Da diese weiterhin den Gewinn nicht schmälern darf, schlägt nun am Ende eine zusätzliche Belastung von 1.341,17 € zu Buche (bei einem weiteren Pkw mit identischem Bruttolistenpreis verdoppelt sich der Betrag). Nicht zu vergessen ist, S. 3223dass bei Feststellung durch das Finanzamt auch hier Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO drohen können.
Selbstverständlich könnte hier die Kleinunternehmerregelung i. S. des § 19 UStG Abhilfe leisten. Zu beachten ist jedoch die Umsatzgrenze von 25.000 €.
Ebenso [i]gilt bei einem späteren Verkauf des Pkw nicht die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28 UStG, da wegen der Überlassung eine Verwendung für umsatzsteuerpflichtige Umsätze vorliegt.
Bei zwei Gesellschaftern, die jeweils einen Pkw zur Verfügung gestellt bekommen, wäre bei Anwendung der 1 %-Regelung die Umsatzgrenze von 25.000 € bei einem durchschnittlichen Bruttolistenpreis von 104.167 € pro Pkw überschritten. Bei drei Gesellschaftern gilt dies bereits bei einem Bruttolistenpreis von 69.445 €.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass durch die Art und Weise der buchhalterischen Erfassung vorher umsatzsteuerlich unbeachtlich erscheinende Gesellschaften unerwartet in die Regelbesteuerung gestoßen werden können. Bleibt dies längere Zeit unbemerkt, zieht dies die o. g. Konsequenzen nach sich. [i] Um diese ungewünschten Folgen zu vermeiden, ist es wichtig, von Anfang an die kaufmännische Buchung im Fokus zu haben.
Anstelle der Belastung des Kapitalkontos bietet es sich an, den Vorgang handelsrechtlich als Aufwand zu verbuchen. Steuerrechtlich wäre dann beispielsweise eine Überleitung i. S. des § 60 Abs. 2 EStDV vorzunehmen. Dargestellt wäre dies in Bezug auf den Ausgangsfall in Form einer außerbilanziellen Korrektur in Höhe von 9.676,80 €, sodass in Summe eine Gewinnerhöhung von 8.400 € verbleiben würde.
Ohne die nun vorliegende Belastung eines variablen Kapitalkontos als Auslöser für eine Entgeltlichkeit würde umsatzsteuerlich diese Buchungsweise als unentgeltliche Wertabgabe gewertet werden.
Dies würde zudem für eine Ärzte-GbR bedeuten, dass mangels Vorsteuerabzugs keine Umsatzsteuerbarkeit der Wertabgabe bestehen würde und somit der Status der Kleinunternehmerschaft insoweit erhalten bleibt. Die GbR bliebe im Ergebnis umsatzsteuerlich unbeachtlich.
Aus verwaltungstechnischer Sicht unterbleibt zudem die Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und -jahreserklärungen. Alternativ käme statt der Anschaffung eines Pkw im Namen der GbR der Erwerb durch die einzelnen Gesellschafter infrage. Erfasst werden diese dann im steuerlichen Sonderbetriebsvermögen der einzelnen Gesellschafter. Eine dann bestehende Privatnutzung würde folglich bei den Gesellschaftern – als für sich zu betrachtende Unternehmer – als unentgeltliche Wertabgabe erfasst werden, sofern diese als selbständige Unternehmer i. S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 UStG betrachtet werden können und zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.
Berater von Personengesellschaften, die Pkw im Betriebsvermögen haben und diese den Anteilseignern zur privaten Nutzung überlassen, sollten deshalb dringend die korrekte Erfassung der unentgeltlichen Wertabgabe überprüfen.
Den aufgezeigten Risiken sollten Berater mit entsprechenden Mandanten proaktiv begegnen. Insbesondere sollte die Pkw-Gestellung bei Kapitalgesellschaften mit Ausschlussumsätzen kritisch im Auge behalten werden. In der Praxis lässt sich oft der fatale Irrglaube feststellen, dass die Pkw-Gestellung umsatzsteuerlich unbeachtlich sei, da mangels Vorsteuerabzugs keine unentgeltliche Wertabgabe vorliegen könne. Es bleibt deshalb wichtig festzustellen, dass eine GmbH in diesem Kontext keine unentgeltliche Wertabgabe, sondern eine steuerpflichtige Vermietungsleistung bewirkt.
Zudem sollte bei Personengesellschaften vor allem die Verbuchung der unentgeltlichen Wertabgabe auf den Gesellschafterkonten konsequent geprüft werden, um hier ungewollte Steuernachzahlungen zu vermeiden.
Es ist entscheidend, dass diese Risiken frühzeitig erkannt und proaktiv angegangen werden. Durch die Veranlagung der Umsatzsteuerjahreserklärungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung drohen ansonsten Zinsen nach § 233a AO und ungeplante Mehrbelastungen für mehrere Veranlagungszeiträume.
Fundstelle(n):
NWB 2025 Seite 3216 – 3224
NWB TAAAK-03990

